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Backstage bei Canyon

Bericht ist exclusiv erschienen in der Gravity Mountainbike Magazine Ausgabe #029 [September & Oktober 2015]

Dass der Ursprung einer global verkaufenden Bikefirma in einem kleinen, blauen Verkaufsanhänger liegt, klingt fast so romantisch wie die Handlung eines Hollywood-Streifens. Die Firmengeschichte des Koblenzer Direktversenders Canyon Bicycles blickt genau auf diesen Werdegang zurück. Wir haben uns das Innere von Canyon für euch zeigen lassen.

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Als Roman Arnold gemeinsam mit seinem Vater selbst importierte Bikeparts aus Italien auf Radrennen verkaufte, dachte wahrscheinlich noch niemand daran, dass dies der Grundstein für eine globale Bikefirma sein würde. Als mobile Verkaufsfläche diente damals ein kleiner, blauer Anhänger. 1985 gründete Roman dann die Rad Sport Arnold GmbH und eröffnete seinen ersten Bikeshop in Koblenz. Spezialisiert auf exklusive, italienische Rennräder und Parts entwickelte sich der Laden nach und nach in die Richtung einer Eigenmarke. In den Neunzigern wichen dann die Fremdmarken für die ersten Canyon Bikes. Schon damals war klar: Canyon verkauft direkt an den Endkunden. Und so ist es bis heute geblieben. Obwohl Canyon weltweit bekannt ist, wird bis heute vom Standort Koblenz aus direkt an den Endkunden verkauft. Nur geschieht dies heute nicht mehr aus einem beschaulichen Bikeladen mit einer handvoll Leute. Heute arbeiten rund 650 festangestellte Mitarbeiter bei dem Koblenzer Unternehmen. Showroom, Service, Entwicklung, Marketing – alles befindet sich in dem beeindruckenden Firmenkomplex. Auch werden alle Bikes in Koblenz in einer hoch modernen Fabrik für die Endkunden zusammengeschraubt.

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Wie sieht also der Alltag in solch einer Firma aus? Wie entstehen die Bikes, die in sämtlichen Magazinen Tests und Leserumfragen gewinnen? Wir haben uns dies anhand der Entwicklung des Canyon „Stitched“ Dirt Bikes zeigen lassen.

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Das neue „Stitched“ hat mit dem ersten Modell aus dem Jahr 2008 nichts mehr gemeinsam. 2012 entschied sich Canyon für die Neuentwicklung des Bikes. Anstoß gab Produkt Manager Daniel Oster, dessen Wurzeln selbst im Gravity Bereich liegen. Schlicht und filigran sollte es sein. Sich an einem Stahlrahmen orientieren, aber aus Alu gefertigt werden.

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Designer Peter Kesselring brachte erste Entwürfe auf Papier. Auch wenn an einem Dirt Jump Bike eigentlich „nichts“ dran ist und ein Fully wesentlich komplexer wirkt, war der gewollte Minimalismus eine echte Herausforderung.

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Die ersten Zeichnungen dienten als Brainstorming und Diskussionsgrundlage. Besonders die Knotenpunkte wie Headtube, Tretlager und Dropouts waren für das Design wichtig. Während das grobe Design entstand und erste 3D Renderings am Projektboard hingen, wurde sich Seitens des Produktmanagments schon Gedanken um die Komponenten des Bikes gemacht. So war Canyon mit dafür verantwortlich, dass Rock Shox die „Pike DJ“ auf den Markt brachte.

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Auch der damalige Praktikant Jens Scheibe wurde in die Entwicklung aktiv mit einbezogen, da er das Bike über die lokalen Dirt Trails jagte und so viel Feedback geben konnte.

Während dem Entwicklungsprozesses wurde dann aber auch schnell klar: Canyon braucht Teamfahrer aus der Slopestyle und Dirt Jump Szene. Als Thomas Genon ebenfalls in 2012 den Red Bull Joyride in Whistler gewann, fiel schnell die Entscheidung den 19-jährigen Belgier ins Boot zu holen. Und dieser stieg ebenfalls aktiv in die Entwicklung des „Stitched“ ein. Er machte Verbesserungsvorschläge in Sachen Geometrie und äußerte Ideen für die farbliche Umsetzung des Bikes. Amüsant: Um seinen Farbwunsch zu äußern, schickte Thomas Canyon seine Wollmütze des amerikanischen Football Vereins „Dolphins“. Die Vereinsfarben sagten ihm einfach zu.

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Nachdem das Design so gut wie final stand, wurde das 3D Modell von Ingenieur Jan Erhard weiter bearbeitet. Er musste das 3D Modell am Computer zunächst „aushöhlen“ und mit korrekten Daten für Wandstärke und Co nach Taiwan schicken.

Nachdem die ersten Prototypen in Koblenz ankamen, wurden diese auf den hauseigenen Prüfstand gebracht. Das Labor gleicht einer Folterkammer für Bikes. Die statischen Tests sind noch harmlos für die Bikes, da nur typische Belastungen die beim Fahren entstehen, getestet werden. Bei den dynamischen Tests werden die Bikes mit Absicht über ihre Grenzen gebracht – also bis zum Rahmenbruch. Um realitätsnahe Tests durchführen zu können, sind alle Prüfstände bei Canyon Eigenentwicklungen. Für das Dirt Bike „Stitched“ wurden neben den Standardtests auch neue Tests durchgeführt. Schließlich wirken auf ein Dirt Bike andere Kräfte als auf ein Rennrad. Vor den Tests schaute sich Jan Erhard Dirt Videos und Stürze in Zeitlupe an, um alle Belastungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. By the way: Canyon überprüft in ihrem eigenen Computertomographen hundert Prozent aller verbauten Rennradgabeln, die aus Carbon gefertigt werden.

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Als Canyon nach den Tests zufrieden mit dem „Stitched“ war, bekam Thomas Genon seine ersten Rahmen zum Testen. So fuhr er gemeinsam mit seinem Teamkollegen Anton Thelander eine volle FMB World Tour Saison, bevor das Bike 2014 für den Endkunden verfügbar war.

Wer sich von dem Ergebnis der langjährigen Entwicklung des Rahmens selbst überzeugen möchte, kann jederzeit bei Canyon in Koblenz vorbeischauen und ein paar Testrunden auf dem hauseigenen Pumptrack drehen.

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Aber auch wenn man sich für eines der vielen anderen Canyon Bikes interessiert, lohnt sich ein Besuch. Alleine der riesige Showroom ist sehenswert und übrigens findet man dort auch den kleinen, blauen Anhänger, mit dem damals alles angefangen hat.

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// Text: Fabio Schäfer // Fotos: Jannik Hammes

 

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